Michael und seine Engel

 

Der gro§e Kirchenlehrer Augustinus hat einmal nach der Betrachtung der Schšpfung seinen Blick auf den Schšpfer gerichtet und dann betend zu Gott gesagt: ãZwei Wesen hast Du, o Gott, im Anfang geschaffen: das eine ganz nahe bei Dir (die Engel), das andere ganz nahe dem Nichts (die Materie). Das eine hat nichts Ÿber sich au§er Dich (o Gott), das andere hat nichts unter sich au§er das Nichts!Ò

Ein tiefes Wort hat hier der hl. Augustinus ausgesprochen, das nicht blo§ Wortspiel sein will, sondern unseren glŠubigen Blick auf den gewaltigen Umfang der Schšpfung Gottes lenkt: von der Materie am Rande des Nichts bis hin zu der erhabenen Schar der Engel in der unmittelbaren NŠhe des gro§en, herrlichen Gottes. Und dazwischen der aus Materie (Leib) und Geist (Seele) bestehende Mensch!

Wir Menschen geben uns so leicht in unserem Ringen und Streben, Schaffen und Raffen mit der vergŠnglichen Materie am Rande des Nichts zufrieden, statt immer wieder unseren Blick emporzurichten zu den Engeln, den reinen Geistern, die uns durch ihre Existenz und ihre hilfreiche Tat FŸhrer sein wollen aus der VergŠnglichkeit der Materie empor zur UnvergŠnglichkeit im Bereich des Geistes, der reinen Geister, die die Hl. Schrift Engel nennt, und des reinsten Geistes, der Gott ist, von dem Christus gesagt hat: ãGott ist Geist, und die Ihn anbeten, sollen Ihn in Geist und Wahrheit anbeten!Ò (Joh 4,24)

Heute tut man vielfach die Existenz der reinen Geister, der Engel, als Mythos oder MŠrchen ab und doch geht es hier um eine in der hl. Schrift klar bezeugte und von der Kirche ebenso klar verkŸndete Glaubenswahrheit, an der nicht gerŸttelt werden darf.

Der Glaube an die Existenz der Engel in der gšttlichen Schšpfungsordnung von der leblosen Materie Ÿber das vegetative Leben der Pflanzenwelt und das sensitive Leben der Tierwelt und Ÿber das mit Verstand und freiem Willen ausgestattete Leben der Menschen bis hin zu den reinen Geistern der neun Engelschšre (Engel, Erzengel, Hoheiten – MŠchte, KrŠfte, Herrschaften – Throne, Cherubim, Seraphim) muss uns glŠubigen Menschen sichere Gewissheit sein auf Grund der Tatsache, dass die Hl. Schrift im Alten wie im Neuen Testament und vor allem Jesus Christus selbst ganz klar davon sprechen. Es gibt Ÿber uns Menschen Geschšpfe Gottes, die als reine (leiblose) Geister Ÿber die materielle, vergŠngliche Welt weit hinausragen und noch viel mehr als wir Menschen hineinragen in die majestŠtsvolle SphŠre dessen, der reinster Geist ist und der uns nach seinem Ebenbild und Gleichnis geschaffen hat.

Der Gedanke an die heiligen Engel, ihre Grš§e und Erhabenheit kann uns Menschen gleichzeitig erschŸttern und beglŸcken:

  1. Der Gedanke an die auch die genialsten Menschen unsagbar weit Ÿberragende Engelnatur und an ihre unaussprechlich hohe WŸrde auf Grund der beseligenden Gottesschau, die den Engeln seit jener Scheidung der Geister am Anfang der Schšpfung zuteilwurde, kann uns wahrlich erschŸttern: wie erhaben ist doch die Natur der Engel, da sie als reine Geister nicht der SchwerfŠlligkeit und HinfŠlligkeit der Materie verhaftet sind wie wir Menschen, sondern in ihrer reinen Geistigkeit eine gewaltige Tiefe des Verstandes und blitzschnelle Kraft des Willens besitzen und dem Willen ihres Schšpfers und Herrn in vorbehaltloser Bereitschaft zu Diensten stehen. So singt die Kirche im Eingangslied der Festmesse von den heiligen Engeln: ãPreiset den Herrn, ihr all seine Engel, ihr Kraftgewaltigen, Vollstrecker seid ihr seines Wortes, sobald ihr seiner Weisung Laut vernommen habt!Ò

Noch mehr aber als von der Erhabenheit der Natur der Engel kšnnen wir von der unaussprechlichen WŸrde der ihnen  zuteilgewordenen Gottesschau ergriffen werden: Sie schauen Gott, vor dem wir sterblichen Menschen unsere Augen verhŸllen mŸssen, weil wir in unserer irdischen existenzweise diesen Anblick gar nicht ertragen kšnnten. Wir mŸssten daran sterben. Die Engel schauen Gott ohne HŸlle, ohne Spiegel, unmittelbar von Angesicht zu Angesicht. Und ein Widerschein jenes gšttlichen Glanzes liegt auf ihnen und umgibt sie mit schauervoller Erhabenheit, sodass Christus aus diesem Grund allein schon vor dem den Kleinen zugefŸgten €rgernis gewarnt hat, weil die himmlischen Schutzgeister der Kinde, die heiligen Engel, ãimmerfort das Angesicht meines Vaters schauen, der im Himmel istÒ (Mt 18,10).

Die Engel schauen Gott und seine unbeschreiblich gro§e, herrliche Schšnheit und MajestŠt und in Gott schauen sie alles Geschaffene, vor allem auch uns Menschen, die wir ihnen anvertraut sind, auf dass wir, durch sie beraten und gefŸhrt, zu dem gleichen, herrlichen Ziel gelangen: einmal zusammen mit den heiligen Engeln das unsagbar gro§e GlŸck der beseligenden Anschauung Gottes zu teilen.

  1. Dieser Gedanke an unsere providentielle Verbundenheit mit den heiligen Engeln in der Bestimmung zum gleichen, herrlichen Ziel kann uns wahrhaft beglŸcken und frohmachen, zumal wir aus dem Glauben um die Hilfe wissen, die uns durch die heiligen Engel fŸr die Erreichung dieses Zieles zuteilwird, wenn wir auf sie hšren, zu ihnen aufschauen und sie verehren.

Aus dem Glauben schšpfen wir die zuversichtliche Hoffnung, einmal mit den heiligen Engeln in der beseligenden Gottesschau den Dreifaltigen auf ewig loben und preisen zu dŸrfen.

Aus dem Glauben wissen wir Ÿberdies, dass wir schon jetzt hier auf Erden mit den heiligen Engeln die Aufgabe des Gotteslobes teilen. Und wenn unser Beten oft nur ein armseliges Gestammel bleibt, das sich nicht recht zum unendlich gro§en Gott aufschwingen will, so werden unserem Gebet gleichsam FlŸgel verliehen durch das Wissen: Die heiligen Engel loben und preisen zusammen mit uns den ewigen Gott und helfen uns dabei, ganz im Sinn des Schlusses der PrŠfationen in der hl. Messe, wo wir rufen: ãMit ihnen (mit den heiligen Engeln) lass, so flehen wir, auch uns (himmlischer Vater) einstimmen und voll Ehrfurcht bekennen: Heilig, heilig, heilig, bist Du, Herr der Heerscharen...Ò. Wir werden in den PrŠfationen immer wieder eingeladen, uns mit den Thronen und Herrschaften, den Cherubim und Seraphim zu vereinigen, um den seraphinischen Lobgesang des Dreimal-Heilig auf den dreipersšnlichen Gott zu singen. Dieses Dreimal-Heilig klingt in der Hl. Schrift des Alten Testamentes erstmalig auf in der Berufungsvision des Propheten Jesaia (Is 6,1–4). Hier wird klar zum Ausdruck gebracht, dass die Engel die Anbetung und den Lobpreis Gottes als ihre erste Aufgabe ansehen. An diese Vision knŸpft dann im Neuen Testament der Seher auf Patmos, der Apostel Johannes in seiner Geheimen Offenbarung (5,11ff) an, wenn er da von den zehntausendmal zehntausend und tausendmal tausend Engeln spricht, die dem Lamm, das fŸr uns geschlachtet ward, den Hymnus des Lobpreises darbringen. Das geschlachtete Lamm ist Jesus Christus. Da er nicht blo§ wahrer Mensch, sondern auch wahrer Gott ist wie der Vater, so gebŸhrt naturgemŠ§ auch ihm der Lobpreis und die Anbetung der heiligen Engel; darum hei§t es im HebrŠerbrief (1,6) in Anlehnung an Psalm 96,7: ãAnbeten sollen ihn alle Engel Gottes!Ò

In seiner Rosenkranz-Enzyklika ãAugustissimae VirginisÒ vom 12. September 1897 hat Papst Leo XIII. geschrieben: ãKann es Gšttlicheres, kann es Schšneres geben, als mit den Engeln zu beten und mit ihnen sich in Gott und in seine Geheimnisse zu versenken? Welch hoffnungsfrohe Zuversicht auf die kŸnftige selige Gemeinschaft mit den Engeln im Himmel dŸrfen die im Herzen tragen, die schon auf Erden sich gleichsam in ihren Dienst (der Verherrlichung Gottes) eingereiht haben!Ò

Unter allen Engeln erscheint in der Hl. Schrift Michael als jener Bote Gottes, der am gewaltigsten in das Leben der Menschheit eingreift. Denn er wird der HeerfŸhrer der Engelsscharen im Kampf gegen die bšsen Geister, die gefallenen Engel genannt und kŠmpft mit uns Menschen und fŸr uns Menschen um Gottes Ehre und um unser ewiges Heil. ãWer ist wie Gott?!Ò So ist sein Name aus dem HebrŠischen zu Ÿbersetzen. So war sein Schlachtruf gegen die abtrŸnnigen, rebellischen Engel, die da in furchtbarer †berheblichkeit wie Gott sein wollten. Nach dieser ersten SŸnde Luzifers und seines Anhangs setzte Michaels Kampf gegen alle gottfeindlichen MŠchte ein, und er wird erst enden am Ende der Zeiten, wenn der hšllische Drache endgŸltig besiegt sein wird. Bis dahin aber hei§t es kŠmpfen. Es geht um Gottes Ehre. Gegen die Macht des Bšsen. Die Kampflinie zieht sich dabei aber nicht blo§ durch die …ffentlichkeit, die Front geht immer auch durch das eigene Herz eines jeden Menschen. Auch hier hei§t es kŠmpfen, wachen und beten; wachen, denn der Teufel schleicht umher und sucht, wen er verschlingen kšnne; und beten, denn in diesem Kampf reicht die eigene Kraft nicht aus. Hier braucht es den Beistand und die Hilfe der heiligen Engel und Gottes stŠrkende Gnade. Gerade heute sollten wir instŠndiger als frŸher beten: ãHeiliger Erzengel Michael, verteidige uns im Kampfe! Sei unser Schutz gegen die Bosheit und die Nachstellungen des Teufels! Du aber, FŸrst der himmlischen Heerscharen, stŸrze den Satan und die anderen bšsen Geister, die zum Verderben der Seelen in der Welt herumziehen, mit gšttlicher Kraft in die Hšlle hinab!Ò

Es stimmt heute leider mehr denn je in der Welt- und Kirchengeschichte, was das II. Vaticanum in der Pastoralkonstitution ãGaudium et spesÒ (Artikel 37) so formuliert hat: ãDie ganze Geschichte der Menschheit durchzieht ein harter Kampf gegen die MŠchte der Finsternis, ein Kampf, der schon am Anfang der Welt begann und nach den Worten des Herrn (bei Mt 24,13; 13,24-30.36-43) bis zum letzten Tag andauern wird.Ò Und der hl. Paulus hat schon gewusst, warum er in seinem Epheserbrief (6,12) die Christen aller Zeiten gemahnt hat: ãWerdet stark im Herrn und in der Kraft seiner StŠrke! Legt die WaffenrŸstung Gottes an, auf dass ihr standhalten kšnnt gegen die RŠnke des Teufels. Denn unser Kampf geht nicht nur gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die MŠchte und Gewalten, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die bšsen Geister in den Himmelshšhen. Darum greift zur WaffenrŸstung Gottes, damit ihr am bšsen Tag Widerstand leisten und, wenn ihr (zusammen mit den Gott treu gebliebenen Engeln) alles Ÿberwunden habt, bestehen kšnnt!Ò